J. Leuzinger: Das Zisterzienserinnenkloster Fraubrunnen

Cover
Titel
Das Zisterzienserinnenkloster Fraubrunnen. Von der Gründung bis zur Reformation 1246 – 1528


Autor(en)
Leuzinger, Jürg
Reihe
Europäische Hochschulschriften, Reihe III 1028
Erschienen
Bern 2008: Peter Lang/Bern
Anzahl Seiten
312 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Kathrin Utz Tremp, Staatsarchiv Freiburg

Beim vorliegenden Buch handelt es sich um eine Dissertation, die 2004 von der Phil.-hist. Fakultät der Universität Basel genehmigt wurde (Leitung: Werner Meyer und Claudius Sieber-Lehmann). Ihr Gegenstand ist das Zisterzienserinnenkloster Fraubrunnen, das 1246 von den Grafen Hartmann d. Ae. und Hartmann d. J. von Kyburg gegründet, 1249 dem Zisterzienserorden inkorporiert und 1528 durch die Stadt Bern säkularisiert wurde. Die Quellen liegen im Staatsarchiv Bern (250 Urkunden), im Stadtarchiv Bern (150 Urkunden vor allem zum Rebbesitz) und in der Burgerbibliothek Bern (Jahrzeitbuch in der Fassung von 1507). Die Urkunden (inkl. das Urbar von 1380) sind bis 1390 in den Fontes rerum Bernensium gedruckt, für die spätere Zeit stehen Regesten zur Verfügung.1 Die Schwäche der Arbeit liegt darin, dass ihr Verfasser es sich, abgesehen von einigen Blicken in das Jahrzeitbuch und die Urbare von 1380 und 1513 sowie das erste Udelbuch der Stadt Bern (1389 –1466), hartnäckig versagt, auf die Originalquellen zurückzugreifen. Sonst aber kommt der Autor zu Ergebnissen, die sich durchaus sehen lassen.

Die erste Hälfte des Textes ist, nach einer Einleitung in Forschungsstand, Quellenlage und Fragestellung (1.) und einer allgemeinen Einführung in die Geschichte des Zisterzienserordens (2.), einer allgemeinen Geschichte des Klosters Fraubrunnen von 1246 –1528 (3.) gewidmet. Es wäre auch eine Einführung in die Niederlassungen des Zisterzienserordens in der nachmaligen Schweiz möglich gewesen, doch wird diese vom Autor nicht geleistet.2 Auch die allgemeine Geschichte des Klosters Fraubrunnen bleibt eher an der Oberfläche. Bei den Nonnen von Fraubrunnen scheint es sich um eher rebellische Nonnen gehandelt zu haben, die Ende der 1260er-Jahre aus dem Zisterzienserorden auszutreten versuchten. Als die Äbte der Zisterzienserklöster Hauterive und Kappel – Vaterabt war derjenige von Frienisberg – 1268/1269 zum Rechten sehen wollten, wurden sie von den Nonnen mit Schwert und Knüppel vertrieben.

Nach dem Burgdorferkrieg 1383 ging die Klostervogtei von den Neukyburgern an die Stadt Bern über. Diese versuchte Ende des 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts zuerst mit Hilfe des Abts von Frienisberg und dann desjenigen von Lützel das Kloster zu reformieren (nachdem die Äbtissin Katharina Hoffmann 1481 ein Kind geboren hatte). Leuzinger sieht wahrscheinlich richtig, dass es sich dabei nicht um besonders schlimme Zustände, sondern um eine Veränderung der Vorstellungen und Ansprüche der Gesellschaft an das Klosterleben gehandelt hat. Trotzdem fällt auf, dass man im

Kloster Fraubrunnen der Reformation schon sehr früh recht offen gegenüberstand: zuerst bei den sogenannten Tischgesprächen von Fraubrunnen (Sommer 1522), bei denen sich Befürworter und Gegner einer Neuerung in die Haare gerieten, und dann in der Tatsache, dass bereits Anfang 1524 mehrere Nonnen sich verheiratet hatten (und deshalb aus dem Kloster ausgewiesen werden sollten). Nachdem die Reformation in Bern und im bernischen Untertanengebiet 1528 offiziell eingeführt worden war, wurden zwölf Nonnen von Fraubrunnen mit je 300 Pfund (in drei Raten) abgefunden; bei zehn von ihnen gingen die Auszahlungen an ihre Ehemänner.

Im zweiten Teil seines Buchs befasst Jürg Leuzinger sich eingehender mit Stiftungen und Stiftern des Klosters Fraubrunnen (4.), mit der Klosterfamilie (5.) und schliesslich mit der Besitz- und Wirtschaftsgeschichte (6.). Sowohl bei den Stiftern als auch bei den Nonnen kann der Autor nachweisen, dass der anfängliche Einfluss der Kyburger und Neukyburger sowie ihrer Ministerialen ca. Ende des 14. Jahrhunderts durch denjenigen der Oberschicht der Stadt Bern abgelöst wurde. Die hypothetische durchschnittliche Konventsgrösse (1246–1528) betrug 27 Nonnen, doch war der Konvent im 14. Jahrhundert deutlich grösser als im 15. Jahrhundert. Das Einzugsgebiet des Konvents erweist sich als insgesamt weniger gross als dasjenige der Stifter, und der Autor meint denn auch, dass die Nonnen, die aus der näheren Umgebung stammten, sich weniger von ihren familiären Bindungen gelöst und häufig Besuch empfangen hätten, was sich auf Kloster und Klausur desintegrierend ausgewirkt habe.

In der Folge versucht Leuzinger die alte (und ursprünglich wohl reformierte) These, dass die Nonnen im Kloster «versorgt» worden seien, zu entkräften, und wählt zu diesem Zweck sechs Familien aus: die adeligen Familien der Grafen von Buchegg, der Herren von Grünenberg und der von Erlach und die bürgerlichen Familien der Buweli und Rista aus Bern sowie der Klüchli aus Solothurn. Die Grafen von Buchegg hätten ihre Nachkommen nicht erst in geistlichen Karrieren «versorgt», nachdem sie die Landgrafschaft Burgund 1314 an die Neukyburger verloren hatten, sondern bereits vorher, als sie auf der Höhe ihrer Macht standen. Bei den von Erlach sei Fraubrunnen das eigentlich Hauskloster gewesen, und auch bei den bürgerlichen Familien Rista und Klüchli seien mehrere Familienmitglieder, Frauen und auch Männer, gleichzeitig ins Kloster eingetreten. Die Konversen, Frauen und Männer, die sich insbesondere zu Beginn des 14. Jahrhunderts nachweisen lassen, stammten vor allem aus der näheren Umgebung und aus den Städten Bern, Burgdorf und Solothurn.

Dies lässt sich mit Ergebnissen der Wirtschaftsgeschichte in Einklang bringen, wonach das Kloster Fraubrunnen, obwohl in Altsiedelland gelegen, doch auch Grangien anzulegen vermochte, so in Büren zum Hof, Aefligen, Grafenried und Schalunen. Nichtsdestoweniger wurden Eigen- und Rentenwirtschaft bei dieser späten Gründung von allem Anfang an nebeneinander betrieben. Laut dem Urbar von 1380 gelang es dem Kloster relativ gut, seinen Besitz zu konzentrieren und am Bielersee (in Twann und Neuenstadt) auch beträchtlichen Weinbesitz anzulegen. Seit Anfang des 14. Jahrhunderts wurden in Fraubrunnen auch verzierte Backsteine hergestellt. Die Überschüsse aus der Agrarproduktion wurden auf die städtischen Märkte in Bern, Solothurn und Burgdorf gebracht, wo Fraubrunnen seit Ende des 13./ Anfang des 14. Jahrhunderts sogenannte Stadthöfe besass. Ein Anhang mit Karten und Tabellen beschliesst die insgesamt solide und instruktive Arbeit.

Anmerkungen:
1 Amiet, Joseph Ignaz: Die Regesten des Frauenklosters Fraubrunnen im Kanton Bern. In: Mohr, Theodor (Hrsg.): Die Regesten der Archive in der schweizerischen Eidgenossenschaft, Bd. 2. Chur 1851 (siehe auch S. 245–296 Tab. 13: Übersicht der edierten Urkunden des Klosters Fraubrunnen).
2 Als Grundlage hätte dienen können: Helvetia Sacra III/3: Die Zisterzienser und Zisterzienserinnen [...] in der Schweiz. Bern 1982.

Zitierweise:
Kathrin Utz Tremp: Rezension zu: Leuzinger, Jürg: Das Zisterzienserinnenkloster Fraubrunnen. Von der Gründung bis zur Reformation 1246 – 1528, Europäische Hochschulschriften, Reihe III, Bd. 1028 Bern [u. a.], Peter Lang, 2008. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 72, Nr. 2, Bern 2010, S. 180-182.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 72, Nr. 2, Bern 2010, S. 180-182.

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